Peter Vogel

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Peter Johann Vogel (* 17. Dezember 1856 in Uehlfeld, Mittelfranken; † 27. Oktober 1915 in München) war ein deutscher Mathematiker, Geologe, Astronom, Forschungsreisender und Luftfahrtpionier. [1]

Peter Vogel etwa 1914

Leben und Wirken

Schule und Studium

Der als Sohn eines Postexpeditors und Landwirts geborene Johann Peter Vogel wechselte nach dem Besuch der Volksschule in Uehlfeld ab dem Schuljahr 1869 an das Gymnasium Friedericianum in Erlangen, wo er 1874 das Abitur mit der Note I ablegte. In Erlangen studierte er bis 1876 Mathematik und Physik, von 1876 bis 1878 in München. Daneben hatte Vogel noch die Fächer Chemie und Mineralogie belegt. 1880 promovierte er in Erlangen zum Dr. phil. mit einer Arbeit „Ueber die Curven vierter Ordnung vom Geschlechte eins“.

Hochschuldienst

Am 1. November 1878 hatte Vogel in München eine erste Lehrtätigkeit bei den Militär-Bildungsanstalten als Assistent für Mathematik aufgenommen und war 1906 schließlich ordentlicher Hochschulprofessor für Mathematik an der Artillerie- und Ingenieur-Schule München geworden. [2]

Forschungsreisen

Am Rand der Antarktis 1882-1883

Peter Vogel war im Rahmen des Ersten Internationalen Polarjahres stellvertretender Expeditionsleiter der Deutschen Antarktis-Expedition 1882/1883. Das wissenschaftliche Team bestand aus dem Expeditionsleiter Dr. Carl Schrader, dem Arzt Dr. Karl von den Steinen, Dr. Hermann Will, Dr. Otto Claus, Ingenieur Mosthaff, dazu ein Mechaniker, ein Tischler, ein Segelmacher, ein Bootsmann und ein Koch. [3]

Die Männer waren ein Jahr in völliger Einsamkeit auf der unbewohnten Insel Süd-Georgien stationiert. Während des Aufenthaltes wurden regelmäßig meteorologische Beobachtungen, Messungen zum Erdmagnetismus und astronomische Beobachtungen durchgeführt mittels identischer Meßgeräte aller Stationen an Nord- und Südpol, um exakte Vergleichswerte zu bekommen. In zahlreichen Exkursionen, manchmal sich über mehrere Tage erstreckend, wurden Uferlinie und die äußere Küste zum Norden der Insel hin erforscht.

Zudem erfolgten kleinere Bergbesteigungen und die Beobachtung zweier großer Gletscher, die in die Royal Bay mündeten. Hier war die Feststellung Vogels interessant, der während dieses einen Jahres bereits einen deutlichen Rückgang des Gletschereises erkannte.[4]

Einer der Höhepunkte war die Beobachtung des Venustransits am 6. Dezember 1882, ein seltenes Ereignis. Dabei stehen sowohl die Sonne, die Venus und die Erde exakt in einer Linie. Im Prinzip ist diese Konstellation durchaus mit einer Sonnenfinsternis vergleichbar, ruft wegen der riesigen Distanz zwischen Erde und Venus aber keine merkliche Verdunkelung auf der Erde hervor und wandert als winziges tiefschwarzes Scheibchen im Verlauf von mehreren Stunden westwärts über die Sonne.

Zweite Xingú-Expedition 1887–1888

Mato Grosso-Expedition 1887–1888,
zweiter von links: Peter Vogel

Am 25. Januar 1887 brachen Karl von den Steinen, sein Vetter Wilhelm von den Steinen, ein Maler und Graphiker, Peter Vogel und Paul Ehrenreich von Hamburg aus zu einer Expedition nach Zentral-Brasilien auf, in die Provinz Mato Grosso, ein bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts unbekannter „weißer Fleck“ auf der Landkarte. Da Vogel fest besoldet im Schuldienst stand, mußte er sich für die Dauer der Abwesenheit erneut ohne Bezüge beurlauben lassen. Im Gesuch führt er aus, daß das infrage kommende Gebiet noch gänzlich unbekannt und deswegen von besonderem Interesse sei, weil die dort wohnenden Indianerstämme von der Civilisation noch durchaus unberührt sind, sie noch nicht einmal Metalle kennen. Der Zweck der Expedition könnte demgemäß als eine Fortsetzung der Forschungen unseres speziellen Landsmannes v. Martius über Süd-Amerika und dessen Ureinwohner bezeichnet werden.

Vogel wollte im Verlauf der Reise vor allem geographische Ortsbestimmungen und geographische Aufnahmen erstellen und damit zur Erschließung des Landes beitragen. Die Ergebnisse dieser Forschungsreise sind umfangreich veröffentlicht worden durch Karl von den Steinen. Auch Vogel selbst hat darüber einen längeren Bericht verfaßt, erschienen in den Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft Berlin [5] mit genauen Schilderungen von Reiseverlauf und Reiseumständen. [6] Bei Vogel ist als Vorname jedoch fälschlicherweise Paul angeben.

Am 13. März 1888 unternahm Vogel zusammen mit einigen Begleitern eine weitere Reise zu Bororó-Indianern am São Lourenço, wobei zusammen mit dem dortigen Direktor der Militärkolonie ein Weg über die Sierra de São Jeronymo nach den Bahú gesucht werden sollte. Diese Reise ist von Vogel ebenfalls sehr detailliert beschrieben.[7]

Die bedeutsamen Ergebnisse dieser zweiten Xingú-Expedition von 1887 bis 1888 liegen einmal in völkerkundlicher Hinsicht in der Erforschung verschiedener Indianerstämme wie der Tupi, Bakaϊri oder Trumái, die Reise beeinflußte zudem ganz wesentlich die vergleichende völkerkundliche Forschung in Brasilien überhaupt und setzte damit völlig neue Maßstäbe. Zudem gelangten annähernd 2000 Ethnographica an das Königliche Museum für Völkerkunde in Berlin, die den Umfang der Südamerika-Sammlung fast verdoppelte und, auch heute noch weitgehend erhalten, einen unschätzbaren Wert für ethnologische Forschung darstellt.

Der Luftschiffer Peter Vogel

Nach der Rückkehr von Brasilien galt Vogels Engagement der Fliegerei. Schon 1889 hatte er von München aus die erste wissenschaftliche Ballonfahrt überhaupt unternommen. Zusammen mit Karl von Brug und Hugo Kollmann war er mit dem Ballon „Herder“ [8] vom heutigen Olympia-Gelände aus gestartet und nach drei Stunden und 27 Minuten in der Nähe von Waldkraiburg gelandet. Dabei wurde eine Höhe von 2.888 Meter erreicht. Während der Fahrt war Vogel für die Beobachtung der Instrumente verantwortlich, die alle zehn Minuten abgelesen und deren Ergebnisse dokumentiert wurden. [9]

Als Gründungsmitglied des Münchner Vereins für Luftschiffahrt leitete Vogel die 3. Abteilung und war zuständig für die Durchführung von Vorträgen und Versammlungen, für aeronautische Fragen oder für Berichte und Ergebnisse der zahlreichen Fahrten. Dieses Amt hatte er bis 1894 inne. Leiter der 1. Abteilung, verantwortlich für wissenschaftliche Fragen der Luftfahrt, war damals Professor Sebastian Finsterwalder, der Abteilung für Luftschiffahrt stand Karl von Brug vor.

In den vielen Jahren der Leitungstätigkeit beim Münchener Verein für Luftschiffahrt ist Vogel auch häufig als Vortragender bei Veranstaltungen in Aktion getreten und sehr oft als verantwortlicher Ballonführer unterwegs gewesen. Eignung und Zulassung dafür hatte er bereits 1891 erhalten. Stets brachte er den Korb mit seinen Mitfahrern sicher wieder auf den Boden zurück. Zweifellos gehört der Uehlfelder mit seinen Aktivitäten zu den Pionieren der Luftschiffahrt in München und damit auch zu den bayerischen Flugpionieren.

Auszeichnungen

Für seine Verdienste wurde Peter Vogel mit verschiedenen Auszeichnungen geehrt: [10] So hatte er vor 1906 von Bayern den Michaelsorden 4. Klasse mit Krone und das Dienstauszeichnungskreuz für eine 24jährige Dienstzeit erhalten, von Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prinzessin Regentin von Brasilien im Namen Sr. Majestät des Kaisers Don Pedro das Ritterkreuz des Ordens der Rose, eine sehr hohe und relativ selten vergebene Ehrung. Nach 1906 erhielt er noch den Militärverdienstorden 4. Klasse mit Krone. Schon am 17. Oktober 1899 war Vogel aufgrund seines Engagements im öffentlich-gesellschaftlichen Bereichen Münchens von Prinzregent Luitpold mit einer „Allerhöchsten Anerkennung“ für die ersprießliche und mühevolle Tätigkeit bei der allgemeinen deutschen Sportausstellung in München geehrt worden. [11]

Krankheit und Tod

Peter Vogel starb nach längerer Krankheit im 59. Lebensjahr am 27. Oktober 1915 in München, wo er auch begraben liegt.

Werke

  • Ueber die Curven vierter Ordnung vom Geschlechte eins. Inaugural-Dissertation der hohen philosophischen Facultät der Universität Erlangen behufs Erwerbung der Doctorwürde, München 1880
  • Über Discontinuitäten bei Curven, in: Zeitschrift für Mathematik und Physik, Jahrgang XXVI, 1881
  • Ueber die Schnee- und Gletscherverhältnisse auf Süd-Georgien, in: Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft München, Heft 10/1885, S. 78–89
  • Jahresberichte des Münchener Vereins für Luftschiffahrt 1890–1896 mit zahlreichen Aufsätzen Vogels
  • Reisen in Mato Grosso, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Band XXVIII, Berlin 1893, S. 243–339
  • Aufnahme des Reiseweges und des Geländes, in: Dr. Georg von Neumayer: Anleitung zu Wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen. Dritte Auflage, Hannover 1906, S. 74–164
  • Nautik, in: E[mil] Ludwig, E[rnst] Linder: Taschenbuch für Schiffsingenieure und Seemaschinisten, herausgegeben von Oberingenieur Dr. G. Bauer, Oldenbourg-Verlag Berlin und München, 1907/1909, 2. Auflage, S. 333-361

Literatur (Auswahl)

  • Georg von Neumayer, C. Börgen (Hrsg.): Die internationale Polarforschung 1882 – 1883. Die Beobachtungsergebnisse der deutschen Stationen, Band II: Süd-Georgien und das magnetische Observatorium der kaiserlichen Marine in Wilhelmshaven; herausgegeben im Auftrage der Deutschen Polar-Kommission, Berlin: Verlag von A . Ascher, 1886, II, 523 S.
  • Dr. Georg von Neumayer (Hrsg.): Die internationale Polarforschung 1882 – 1883. Die Deutschen Expeditionen, Band I: Geschichtlicher Theil. Und in Einem Anhange Mehrere Einzelne Abhandlungen Physikalischen Und Sonstigen Inhalts, Berlin: Verlag von A . Ascher, 1891, VII, 243 S.
  • Karl von den Steinen: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Reiseschilderungen und Ergebnisse der Zweiten Schingú-Expedition 1887-1888, Berlin: Reimer, 1894, XIV, 570 S., mit 30 Tafeln, sowie 160 Textabb. nach den Photographien der Expedition, nach Orig.-Aufnahmen von Wilhelm von den Steinen und nach Zeichnungen von Johannes Gehrts nebst nebst einer gefalteten Karte von Prof. Dr. Peter Vogel.
  • Günther Hartmann: XINGÚ. Unter Indianern in Zentral-Brasilien. Zur einhundertjährigen Wiederkehr der Erforschung des Rio Xingú durch Karl von den Steinen. Katalog zur Sonderausstellung „Xingú – Unter Indianern Zentral-Brasiliens“ vom 14. Mai bis 31. August 1986 im Museum für Völkerkunde Berlin.
  • Sandra Rebok: Karl von den Steinens völkerkundliche Studien im Xingú-Quellengebiet Brasiliens Ende des 19. Jahrhunderts. In: Jahrbuch für Geschichte Lateinamerikas 39, Köln, Weimar, Wien, 2002, S. 371-394 - PDF-Datei
  • Hans-Jochen Kretzer unter Mitarbeit von Reinhard A. Krause: Station der deutschen Polar-Kommission in Süd-Georgien, Royal Bay., 1882 – 83. Text dt. und engl., Übersetzung: Sylvia Bargstedt. Neustadt a.d. Weinstraße: Geschäftsstelle der Pollichia, o.J. [2007?], 60 S., ISBN 978-3-925754-52-4 (Pollichia, Verein für Naturforschung und Landespflege: Pfalz-Museum für Naturkunde, Sonderveröffentlichung ; Nr. 11)
  • Heinz Kühlwein: Peter Vogel, * 1856 in Uehlfeld, † 1919 in München. Ein Mathematiker, Naturwissenschaftler und Forscher aus dem Aischgrund. Eine Veröffentlichung der Marktgemeinde Uehlfeld. Neustadt an der Aisch: VDS, Verlag-Dr. Schmidt, 2008, 88 S., ISBN 978-3-87707-739-9

Querverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Dieser Artikel stammt von Heinz Kühlwein und ist eine Zusammenfassung seiner Biographie über „Peter Vogel. Ein Mathematiker, Naturwissenschaftler und Forscher aus dem Aischgrund“, Uehlfeld, 2008.
  2. Personalakt Vogel, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abteilung Kriegsarchiv, Sign. OP 50608, und Meldebögen/Steuerlisten im Stadtarchiv München, Sign. PMB F 201
  3. Anreise, Abreise, Forschungsauftrag und -ergebnisse sowie das Leben in der Einsamkeit sind beschrieben bei
    * Georg von Neumayer, C. Börgen (Hrsg.): Die Internationale Polarforschung 1882 – 1883. Die Beobachtungsergebnisse der Deutschen Stationen, Band II: Süd-Georgien, Berlin 1886, und
    * Dr. Georg von Neumayer (Hrsg.): Die internationale Polarforschung 1882 – 1883. Die Deutschen Expeditionen und ihre Ergebnisse. Band I, Geschichtlicher Teil, Berlin 1891
  4. Dr. Peter Vogel: Ueber die Schnee- und Gletscherverhältnisse auf Süd-Georgien, in: Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft München, 10/1885, S. 78–89
  5. Peter Vogel: Reisen in Mato Grosso 1887/88, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Erkunde, Band XXVIII, Berlin 1893, S. 243–339
  6. Zur Bedeutung der beiden deutschen Xingú-Expeditionen siehe
    * Sandra Rebok: Karl von den Steinens völkerkundliche Studien im Xingú-Quellengebiet Brasiliens Ende des 19. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für Geschichte Lateinamerikas 39, S. 371–393
  7. Peter Vogel: Mato Grosso, Teil II., Reise von Cayabá an den São Lourenço, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Band XXVIII, Berlin, 1893, S. 272 ff.
  8. Eigentümer des Ballons „Herder“ war der Mitbegründer des Münchener Vereins für Luftschiffahrt Hans Bartsch von Sigsfeld.
  9. Ausführlich beschrieben im Jahresbericht der Münchener Vereinigung für Luftschiffahrt (MVfL) 1890, Seite 19 – 28
  10. Deutscher Ordensalmanach, Jahrgang 1906, Verlag J.J. Arnd, Leipzig
  11. Nach den Angaben im Personalbogen der Personalakte